Update: Bezirksvertretung stimmt für den Überweg

Am 30. Juni 2025 ist es endlich so weit. Die Eingabe »Sichere Schulwege in Zollstock« steht ganz oben auf der Tagesordnung. Und das ist auch gut so, denn es sind an diesem Tag über 30 Grad. Gemeinsam mit Sabine radele ich also ins Industriegebiet nach Rodenkirchen, um von meinem 5-minütigen Rederecht Gebrauch zu machen. Noch weiß ich nicht, wie sich die Fraktionen entscheiden werden.

Anwesend sind 16 Bezirksvertreter:innen und der Bezirksbürgermeister Manfred Giesen, der die Sitzung leitet, und noch ein paar andere Personen aus Verwaltung und Rathaus. Im Publikum sind wir etwa 25 Personen. Und dann sind auch noch Pressevertreter:innen da. Die Sitzung ist also ziemlich gut besucht. Nachdem mir Herr Giesen erläutert hat, wie es ablaufen wird, darf ich meine Rede halten:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Einladung. Ich mache gerne von meinem Rederecht Gebrauch, gerade weil die Verwaltung den Antrag abgelehnt hat. Ich erhoffe mir davon, dass ich den einen oder die andere von Ihnen doch noch davon überzeugen kann, das Thema Querungshilfen für Fußgänger:innen in Zollstock auf die Agenda zu setzen.

Mein Name ist Katrin Herbon. Ich wohne mit meiner Familie in Zollstock an der Vorgebirgstraße. Mein Sohn ist letztes Jahr in die Grundschule am Rosenzweigweg eingeschult worden und seit seiner Kindergartenzeit queren wir täglich diese stark befahrene Straße. Sie ist ein möglicher Schulweg. Es gibt aber noch einen anderen möglichen Weg, um zum Rosenzweigpark und damit in die Schule zu gelangen, der könnte auch von Schüler:innen der Nikolausschule in Betracht gezogen werden. Er verläuft an deutlich weniger stark befahrenen Straßen, nämlich vom Zebrastreifen am Gottesweg entlang der Ferdinand-Schmitz-Straße zum Zollstocksweg. Dort angekommen, endet der Weg jedoch unvermittelt. Es gibt an dieser Stelle keine sichere Querungshilfe.

Der nächste Ampel-Übergang befindet sich jeweils 150 Meter weiter. Wenn Schulkinder oder Bürger:innen in den Park, die Grundschule, die Kirche oder zum Bürgerhaus Zollstock möchten, dann müssen sie sich an dieser Stelle entscheiden: Entweder sie wählen einen Umweg oder sie überqueren den Zollstocksweg ohne Querungshilfe. Viele Erwachsene entscheiden sich für die letzte Variante. Doch nicht alle können es ihnen gleichtun.

Laut Verwaltung könnte die Straße auch an der Willigisstraße problemlos überquert werden. Dort sei der Verkehr am Einmündungsbereich in den Zollstocksweg sehr gut einsehbar. Doch auch hier muss ein Umweg gemacht werden. Und außerdem fehlt auf der anderen Seite das passende Pendant. Als Beispiel dafür schildere ich Ihnen zwei Situationen:

Fall A betrifft Menschen mit Rollstuhl, Kinderwagen oder Rollator: Um auf die andere Straßenseite zu gelangen, müssen sie erst einmal eine Lücke zwischen den Autos finden, die überhaupt groß genug ist. Aufgrund der vielen parkenden Autos kommt das auf dieser Strecke aber nur selten vor. Daher sind sie gezwungen, bis zu den Ampelanlagen an Höninger Weg oder Vorgebirgstraße zu laufen, um anschließend den Weg auf der nun richtigen Straßenseite wieder zurückzukehren. Und das dauert je nach Tempo mindestens fünf Minuten.

Fall B betrifft fast alle Menschen, insbesondere aber Kinder. Kaum ein Mensch ist groß genug, um einfach über die Autos hinwegzuschauen. Die wenigsten können die Straße gut einsehen. Vor allem aber Kinder müssen zwischen den Autos hervor- und sehr weit auf die Straße treten. Das aber ist gefährlich, weil sie so bereits im Gefahrenbereich stehen und erst dann von den vorbeifahrenden Autos gesehen werden können.

Das bedeutet also, Fußgänger:innen müssen unnötige Umwege laufen oder sich gefährlichen Situationen aussetzen. Und das, obwohl sie ohnehin zu den Verkehrsteilnehmenden gehören, die bei einem Unfall am häufigsten schwer verletzt werden. Sie gilt es daher zu schützen, indem in regelmäßigen Abständen Querungshilfen eingerichtet werden.

In der Broschüre »Querungsstellen für die Nahmobilität« der »Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte in NRW e.V.« aus dem Jahr 2021 wird die Einrichtung von Querungshilfen auch an Straßen wie dem Zollstocksweg empfohlen – obwohl dort Tempo 30 angeordnet ist. Das Argument der Verwaltung ist also meines Erachtens unzulässig.

Eine Lösung bestünde jetzt darin, einen gut einsehbaren Durchgang zu schaffen, etwa am oberen Eingang des Parks. So wäre sichergestellt, dass Fußgänger:innen jeden Alters und mit jedem Handicap überhaupt erst einmal sicher bis vor zur Straße treten können, um die Verkehrslage zu überblicken. Und gerade Kinder könnten dann viel leichter einschätzen, ob sie die Straße überqueren können oder nicht.

Die Verwaltung lehnt meinen Vorschlag auch mit der Begründung ab, dass es doch in der Verantwortung der Bürger:innen liege, dass sie sicher über die Straße kommen, etwa in der Erziehungsaufgabe der Eltern. Damit verkennt sie das grundsätzliche Bedürfnis aller Anwohnenden auf kurze und sichere Wege. Laut Straßenverkehrsrecht – und ich zitiere an dieser Stelle – ist es »[d]as wichtigstes Ziel […], Gefahren von Verkehrsteilnehmenden abzuwenden. Die Erhöhung der Verkehrssicherheit steht an erster Stelle. […] ›Vision Zero‹ [ist] die Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen […].«

Ich bitte daher alle Anwesenden darum, meinen Vorschlag zu überdenken. Betrachten Sie die Situation vielleicht einfach aus der Perspektive von Kindern, alten Menschen, Familien und Menschen mit Behinderung. Wollen Sie eine menschenfreundliche Verkehrsführung für alle? Dann entscheiden Sie sich auch für die Belange dieser schwächsten Verkehrsteilnehmer:innen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Nach diesem Auftakt sind die Fraktionen an der Reihe, ihre Meinungen zum Thema zu äußern. Von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bekomme ich viel Zuspruch. Sie sind sich einig, dass eine Querungshilfe sinnvoll ist. Die FDP versucht, den Beschluss zu vertagen und möchte, dass die Verwaltung nochmals prüft, ob eine Querungshilfe notwendig ist. In der späteren Abstimmung wird dieser Antrag abgelehnt. Die CDU wiederholt ihre Argumentation, die wir bereist per E-Mail erhalten hatten (siehe Beitrag »Update: Querungshilfe Zollstocksweg«). Anschließend darf ich nochmals fünf Minuten auf die vorgebrachten Argumente antworten, was ich auch tue und unter anderem auf die Tötung einer Schülerin und eines Schulbegleiters in Hürth vor ein paar Wochen verweise.

Nachdem alles gesagt wurde, wird abgestimmt. Wie erwartet stimmen die Fraktionen von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen für die Einrichtung einer Querungshilfe, die beiden Vertreter der FDP enthalten sich und die vier Vertreter der CDU stimmen dagegen. Der Arbeitsauftrag für die Verwaltung lautet so: